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Eisernte

"Eisernte" war Knochenarbeit

Dörfliser übten sich in einem alten Brauch - das Dorfbier wurde früher mit Natureis frisch gehalten

Dörflis/Neubrunn. Für die meisten war es das erste Mal - Burkard Gehring aus Köslau ist einer der wenigen, die es noch aus ihrer Kinderzeit kennen: Das Eissägen und –transportieren zu den großen Brauereikellern. Das war früher nämlich unerlässlich, um das Bier über längere Zeit zu lagern und auch zu schweißtreibender Sommerszeit eine kühle Maß des edlen Gerstensaftes zu genießen. Noch 1880 mahnte der Brauer- und Mälzerkalender: "Mit Eis stopf' deine Keller voll, wenn dir dein Bier gelingen soll!".

Um diesen uralten Brauch nicht vollends in Vergessenheit geraten zu lassen, ließen sich die Dörfliser Bierbrauer und der Vorstand des Fränkischen Brauereimuseums Bamberg am 12.01.2009 etwas ganz besonderes einfallen. Sie drehten die Uhr einfach um gut 50 Jahre zurück und machten es wie unsere Altvorderen.

Mit der Eissäge werden Platten aus dem Teich geschnitten

Wie in alter Zeit wurden am Gleusnersee zwischen Dörflis und Neubrunn stattliche rechteckige Eisstücke aus der geschlossenen Eisdecke herausgesägt, mit Eiszangen und –haken an Land gezogen und auf einen von zwei Kaltblütern gezogenen Leiterwagen geschichtet. Kutscher Hartmut Reinwand fuhr das historische Gespann anschließend zu einem Felsenkeller, in dem das Dörfliser Bier lagert.

Bei Gehring, Stadtrat Horst Hornung, Uwe Derra und dem Kopf der Dörfliser Brauer Norbert Hümmer aus Neubrunn glänzten nach einer Stunde Arbeit schon die Schweißperlen auf der Stirn – kein Wunder, ist doch die Eisernte eine echte Knochenarbeit.


Um auch in der heißen Jahreszeit ein wohlschmeckendes frisches Bier anbieten zu können, hielten die Brauereien ihre Bierkeller mit Natureis bis zum Sommer und darüber hinaus kühl. Wenn es im Winter Dauerfrost gab, konnte man mit der Eisernte beginnen. Bei der schweren Arbeit mit den rund 30 kg schweren Eisstücken mussten viele Hände kräftig anpacken. Die Bauern halfen aber gerne und wurden an solchen Tagen von der Brauerei verköstigt und erhielten noch einen kleinen Obolus obendrauf, erläuterte Bär. Nachdem das Eis – bei Schnee mit einem Pferdeschlitten, ansonsten mit dem Leiterwagen - beim Bierkeller ankam, wurde es abgeladen und in einem an den Bierfässern angrenzenden Raum gelagert und dann mit Holzschlegeln zerkleinert, erzählte Gehring. Dadurch vermied man Lufteinschlüsse und das gewonnene Eis gefror mit der Zeit zu einem riesigen Eisklumpen und kühlte den gesamten Keller.

In der Sommerhitze schmolz dieser massive Eisblock nach und nach ein wenig ab. Eine Rinne führte das Schmelzwasser nach außen. In der Regel reichte aber das Eis aus, das Bier frisch über die kritische Zeit zu bringen und im Winter holte man eben wieder neues. Zudem wurden auch die Wirte in der Umgebung mit Eis beliefert.

Heute ist uns der Kühl- und Gefrierschrank selbstverständlich und das Brauchtum schon fast vergessen. Dabei lieferte Professor Carl von Linde 1873 die erste Kältemaschine und es dauerte bis nach dem 2. Weltkrieg, bis sich jede kleine Brauerei und Wirtschaft diese Technik leisten konnte.

Bei den rund zwei Dutzend Schaulustigen kam die nostalgische Aktion, begleitet von schmackhafter Kartoffelsuppe und dem dunklen Dörfliser Obama-Bier, sehr gut an. Wer weiß, vielleicht gibt es in den Heiligen Ländern zukünftig öfter ein zünftiges Fest in der kalten Jahreszeit zu feiern: Die "Eisernte" am Gleusnersee im romantischen Ebelsbachtal. Das Party-Motto dafür könnte Friedrich Nietzsche liefern: Glattes Eis, ein Paradeis für den, der gut zu tanzen weiß!

Erinnerungsfoto

(von links nach rechts)

Kutscher Hartmut Reinwand, Burkard Gehring, Jörg Hofmann, auf dem Wagen stehen Horst Hornung und Norbert Hümmer. Vor dem Leiterwagen haben sich (ebenfalls v. l. n. r.) Uwe Derra mit seinen Buben Moritz und David sowie Günter Bär und Hannes Schulters vom Vorstand des Bambergers Brauereimuseums postiert.
© Manfred Wagner











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